Hörstörungen bei Kindern und Jugendlichen

Eine Hörstörung bei Kindern ist eine sehr ernst zu nehmende Problematik, da sie Einfluss auf die gesamte Entwicklung des Kindes haben kann, insbesondere auf die Sprachentwicklung.

Als hörgestört ist jedes Kind zu bezeichnen, das im Hauptsprachbereich (zwischen 250–4000Hz) einen Hörverlust über 20 dB aufweist. Dabei unterscheidet man leichte (<30dB), mittlere (30-60dB) und hochgradige Hörstörungen (>60dB), Leichte Sprachstörungen (z.B. Lispeln) sind ab 25dB Hörverlust im Hauptsprachbereich zu erwarten. Ist die Hörstörung sehr ausgeprägt (>80dB Hörverlust), wird die Fähigkeit zu sprechen überhaupt nicht erworben. Man unterscheidet verschiedene Formen der Störung:

Störungen der Schall-Leitung

(Mittelohrschwerhörigkeit, Störung des Schalltransportes) Eine besonders bei Kindern sehr häufige Form der Schwerhörigkeit ist durch eine verminderte Belüftung des Mittelohres bedingt: Damit die Gehörknöchelchen im Mittelohr gut schwingen können, ist ein ständiger Druckausgleich erforderlich, der durch eine sich vielfach am Tag wiederholende Öffnung der sog. Ohrtrompete (Tube oder eustachische Röhre) erfolgt. Dies ist eine Verbindung zwischen dem Raum hinter der Nase und dem Mittelohr, die sich beispielsweise beim Schlucken oder Gähnen kurz öffnet und dadurch einen Druckausgleich ermöglicht. Ist diese Funktion gestört, was besonders häufig im Zusammenhang mit Erkältungen der Fall ist, so kommt es zu einem Unterdruck oder nach längerer Zeit auch zu einer Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr, dem sog. Paukenhöhlenerguss. Die Gehörknöchelchen können dann schlechter schwingen, was zu einer Schwerhörigkeit führt.

Störungen der Schall-Empfindung

(Innenohrschwerhörigkeit) Bei fast allen Fällen von Innenohrschwerhörigkeit ist die Funktion der äußeren Haarzellen gestört. Die äußeren Haarzellen sind Sinneszellen, deren kleine Fortsätze durch die Bewegung der Innenohrflüssigkeit aktiviert werden und die dadurch zu einer Erregung des Hörnervs führen. Die Störung kann schon bei Geburt vorliegen oder auch erst später auftreten.

Symptome

Zunächst bieten die anfangs recht engmaschigen Vorsorgeuntersuchungen eine Basis. Für jede Untersuchung gibt es genau vorgeschriebene Parameter, die abgeprüft werden müssen. Dennoch fallen leichtere Formen einer Hörstörung dort nicht auf, die im Alltag, bei aufmerksamem Betrachten jedoch erkannt werden können. Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss, was Kinder in den angegebenen Zeiträumen beherrschen sollten. Insbesondere nach heftigen Erkältungen gibt es oft kurzfristige, meist nur einseitige Hörstörungen, die große Auswirkungen auf die Sprachentwicklung haben können. Auch bei solchen einseitigen Hörstörungen müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die Sprachentwicklung nicht zu beeinträchtigen. Als Faustregel gilt: Wenn ein Kind länger als 4 Wochen einen Hörverlust von 30-40dB hat, entwickelt sich die Sprache nicht weiter.

Beurteilung des Hörvermögens durch Eltern

1-2 Monate
  • reagiert auf laute Geräusche mit Schreckreaktion
  • lässt sich durch Stimme der Bezugsperson beruhigen
  • im wachen Zustand macht es gurgelnde, sanfte Geräusche
3-4 Monate
  • bewegt Augen oder Kopf hin zu Stimmen oder klapperndes Spielzeug
  • brabbelt in verschiedenen Tonhöhen
  • Wenn ein Kind das Lallen einstellt, sollte auf jeden Fall eine Höruntersuchung erfolgen. Dies ist ein recht sicheres Zeichen für eine Hörstörung.
6-10 Monate
  • reagiert auf seinen Namen
  • sucht Schallquellen und ahmt Wörter nach, versteht einfache Worte wie z.B. Ja
10-12 Monate
  • zeigt Gegenstände oder Personen bei Aufforderung
  • wiederholt einzelne Worte und ahmt Tiere nach
12-24 Monate
  • spricht 20 oder mehr Worte
  • wippt im Rhythmus zur Musik
  • befolgt einfache Anweisung ohne optischen Hinweis
Bei älteren Kindern, wenn
  • das Kind plötzlich Fernseher, Radio, CD-Player etc. lauter stellt
  • nicht reagiert, wenn es von hinten angesprochen wird
  • selbst lauter redet
  • sich immer nur von einer Seite zur Schallquelle wendet
  • Anweisungen missversteht und falsche Antworten gibt
  • Verhaltensauffälligkeiten zeigt

…sollte zur Sicherheit eine HNO-ärztliche Untersuchung erfolgen.

Beim Arzt können sog. subjektive und objektive Untersuchungen eingesetzt werden, um die Hörfähigkeit zu testen. Die objektiven Tests können ohne aktives Mitwirken des Kindes erstellt werden und liefern ein sehr genaues Ergebnis. Für Säuglinge empfiehlt sich ein Neugeborenenscreening, insbesondere dann, wenn bereits Hörstörungen in der Familie bekannt sind.

Ursachen

Als Ursache gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten:

  • Angeborene Störungen und Missbildungen
  • Frühgeburten, Mangelgeburten, Sauerstoffmangel während der Geburt
  • Verletzungen
  • Medikamentös verursachte Störungen (insbesondere durch einige Antibiotika-Präparate und Medikamenteneinnahme während der Schwangerschaft)
  • Virusbedingte Erkrankungen der Mutter während den ersten 5 Schwangerschaftsmonaten (Röteln, Mumps, Zytomegalie)
  • Verlegung des Gehörganges (Ohrenschmalz, Fremdkörper, Wucherungen)
  • Entzündungen
  • Traumata (Knall, Explosion, Lärm)
  • Kinderkrankheiten und andere Krankheiten, Erkältungen

Behandlung / Methode

Die primäre Behandlung der Hörstörung muss vom Arzt durchgeführt werden. Parallel kann logopädisch die Sprachentwicklung mitbehandelt werden.

Bei schwerwiegenden Störungsformen oder kompletter Taubheit vor Abschluss der Sprachentwicklung ist es besonders wichtig, dass das Kind sprachtherapeutisch betreut wird. In vielen Fällen ist der Einsatz von sog. Cochlea Implantaten angezeigt. Darüber hinaus kann das Erlernen von Gebärden eine wichtige Hilfe sein.

Die logopädische Behandlung umfasst alle Bereiche der Sprache und ist somit sehr umfangreich und langwierig. Neben dem Erwerb eines ausreichend großen Wortschatzes, der Ausbildung der Grammatik und der physiologischen Lautbildung sind alle weiteren Aspekte der sozial-kommunikativen Kompetenz zu beachten, so auch den Einsatz von Stimme, das Versprachlichen von Emotionen, physiologische Sprechatmung, Kombination von verbalen und nonverbalen Mitteln etc.

Auswirkungen einer Schwerhörigkeit auf die Sprachentwicklung

Besonders in den ersten Lebensjahren ist ein gutes Hörvermögen für die Entwicklung des Kindes sehr, sehr wichtig. In dieser Zeit erfolgt die Hörentwicklung, d.h. das Kind erlernt das Hören und es werden viele der Nervenbahnen und Verbindungen angelegt, die das Hören und das Verarbeiten des Gehörten ermöglichen und die Voraussetzung für eine normale Sprachentwicklung sind. Kann ein Kind nicht hören, so kann es ohne besondere Maßnahmen und spezielle Förderung nicht sprechen lernen. Bei einer Schwerhörigkeit kommt es, abhängig von ihrem Schweregrad, zu einer Störung der Sprachentwicklung. Bei jeder Verzögerung oder Störung der Sprachentwicklung muss daher eine Hörstörung ausgeschlossen oder bei Vorliegen einer Hörstörung diese behandelt werden.

Weitere Informationen

Informationen für Cochlea Implantate

Selbsthilfe-Organisation Hörgeschädigter