Sprachentwicklungs­verzögerung, -störung und -behinderung

Als Sprachentwicklungsstörung wird jegliche Auffälligkeit oder Problematik im Rahmen des kindlichen Spracherwerbs bezeichnet, also vor Abschluss desselben. Dies kann sich auf verschiedene Art darstellen. Die betroffenen Teilbereiche können sein:

  • Sprachverständnis
  • phonetisch-phonologischer Bereich (Lautbildung, bedeutungsunterscheidende Merkmale der Laute)
  • Semantisch-lexikalischer Bereich (Wortbedeutung, Inhalt, das sprachliche Wissen über Dinge, die Organisation im Gehirn, Wortschatz, Wortabruf)
  • Syntaktisch-morphologischer Bereich (Grammatik, Wortbildung und Flexion, bedeutungstragende Merkmale)

Der Störungsgrad kann unterschiedlich ausgeprägt sein. Es können einzelne Bereiche, aber auch mehrere oder alle Bereiche betroffen sein.

Kinder, die das 2. Lebensjahr vollendet haben und weniger als 50 Wörter aktiv sprechen, keine 2-Wort-Sätze bilden und weniger als 200 Wörter verstehen, bezeichnet man als „Late Talker“.

Symptome

  • Das Kind schreit besonders viel oder ist auffallend ruhig.
  • Die Lallphase, besonders die 2. Phase, ist kurz oder fällt aus.
  • Das Kind fängt erst sehr spät an Wörter der Muttersprache zu bilden (2-2½ Jahre).
  • Das Kind wirkt desinteressiert und reagiert zögernd oder auf nicht erwartete Weise auf Ansprache und Aufforderungen.
  • Das Kind spricht im Vergleich mit Altersgenossen „anders“, es wird oft nicht oder falsch verstanden.
  • Das Kind spricht in einfachen, oft grammatisch entstellten, Sätzen.
  • Verben werden falsch oder nicht flektiert, es werden meist sog. Allzweckverben (machen, tun) verwendet, Verben stehen meist am Satzende
  • Reagiert gelangweilt oder mit motorischer Unruhe im Stuhlkreis, beteiligt sich sprachlich nur wenig, kann gehörte Geschichten nicht nacherzählen
  • Fragt oft nach „Wie heißt das nochmal?“ , benennt Dinge mit Allzweckwörtern oder verwendet beim Erzählen Flickwörter und Platzhalter
  • Später schlechte schulische Leistungen, insbesondere im Erwerb von Lesen und Schreiben
  • Auffällige Motorik, Meilensteine der motorischen Entwicklung verspätet (sitzen, gehen, laufen) oder ausgelassen (nicht gekrabbelt), braucht viel „Aktion“ um sich zu spüren oder reagiert überempfindlich, traut sich nicht
  • Das Kind kann sich schlecht konzentrieren, braucht absolute Ruhe zum Lernen und lässt sich durch Kleinigkeiten ablenken.
  • Das Kind „vergisst“ die Hausaufgaben oder kann sich nicht mehr daran erinnern.

Ursachen

Die Ursachen sind ebenso vielfältig wie das gesamte Erscheinungsbild der Störung. Oft lässt sich keine eindeutige Ursache erkennen. Die Wissenschaft beschreibt ein sog. Bedingungsgefüge aus mehreren einzelnen Ursachen, sowie einer gewissen Disposition zur Ausprägung einer Sprachentwicklungsproblematik. Manchmal treten Sprachprobleme gehäuft in einer Familie auf, dann spricht man von einem Sprachschwächetypus. Als mögliche Faktoren kommen in Frage:

  • Probleme während der Schwangerschaft oder Geburt (Sauerstoffmangel, Fehllage, Mangelgeburt, Medikamente während der Schwangerschaft etc.)
  • Vorübergehende oder nicht entdeckte Hör- und Wahrnehmungsstörungen
  • Hirnfunktions- und Reifungsstörungen
  • Mangelndes oder fehlendes sprachliches Umfeld
  • Ungünstige Umwelteinflüsse
  • Psychische Faktoren, Traumata, Stress
  • Körperliche und/oder geistige Einschränkungen

Behandlung / Methode

Grundlage ist eine umfassende Diagnostik in allen Teilbereichen der Sprache.

In der Auswahl der therapeutischen Mittel wird grundsätzlich die Persönlichkeit des Kindes berücksichtigt. Das heißt Fähigkeiten, Schwächen, Selbstständigkeit, Motivation, Frustrationstoleranz und Konzentration werden ebenso beachtet wie das soziale Gefüge und Umwelteinflüsse, die auf das Kind einwirken. Durch Wecken von Sprechfreude und größtmöglicher Förderung der Eigenmotivation soll das Kind Schwächen abbauen und seine Fähigkeiten erweitern und festigen können. Es soll lernen Sprache situationsbezogen und im richtigen Kontext anzuwenden, so dass eine gute Kommunikation mit der Umwelt stattfinden kann.

Unter Umständen werden nonverbale Möglichkeiten erarbeitet, wenn die verbalen Fähigkeiten aufgrund von Behinderung nicht ausreichen.

  • Gebärdenunterstützte Kommunikation (GUK oder Makaton)
  • Einsatz von Computern und Sprechhilfen
  • Kommunikationshandbücher

Weitere Informationen

Deutscher Bundesverband der Logopäden (Informationen für Eltern)

Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik

Umfangreiche Seite über Sprachentwicklung und Störungen

Informationen zum Spracherwerb