Fütterstörungen im Kleinkindalter

Unter Fütterstörung versteht man, wenn das Füttern oder die Nahrungsaufnahme länger als mindestens 1 Monat von den Eltern als problematisch erlebt wird und sie deshalb Hilfe suchen. Dies zeichnet sich aus durch Nahrungsverweigerung und extrem wählerisches Essverhalten bei angemessenem Nahrungsangebot ohne Vorliegen einer organischen Ursache. Ebenso kann die Dauer der Nahrungsaufnahme überdurchschnittlich lange dauern (länger als 45 Minuten bei einem Intervall von weniger als 2 Stunden). Die Fütterstörung kann, muss aber nicht mit einer Gedeihstörung einhergehen.

Die Fütterstörung ist klar von einer Schluckstörung mit erkennbarer Ursache abzugrenzen.

Symptome

  • Die Fütterungszeit dauert länger als 45 Minuten.
  • Die Intervalle zwischen den Fütterzeiten sind kürzer als 2 Stunden.
  • Das Kind verweigert Nahrung oder Flüssigkeit (evtl. auch nur bestimmte Konsistenzen oder Geschmäcker).
  • Das Kind zeigt ein bizarres Essverhalten.
  • Das Kind würgt oder erbricht beim Essen und/oder zeigt präoralen Widerstand (Mund zukneifen sobald die Nahrung angereicht wird).

Ursachen

Die Fütterstörungen müssen nach Entstehungsbedingungen und Ursachen unterschieden werden. Häufig zeigen die Kinder schon frühe Verhaltensauffälligkeiten wie Unruhe, mangelnde Anpassungsfähigkeit, problematisches Trösten, Irritabilität, Schreiattacken oder emotionale negative Signale. Diese Schwierigkeiten im Verhalten führen zu einer Interaktionsstörung zwischen Mutter/Eltern und Kind. Die Kinder beginnen als sog. Trinkschwäche bei gesunden oft willensstarken, fordernden Säuglingen, die bis zu einer vollständigen Trinkverweigerung führen können. Die Eltern sind dadurch sehr belastet, haben Schuldgefühle und Versagensängste.

Eine andere Gruppe bilden die Säuglinge mit einer sog. posttraumatischen Fütter-/Essstörung, oft ehemalige Frühgeborene oder Kinder nach Operationen (mit Magensonde, Absaugen, Intubation, operative Eingriffe im Mund-Nasen-Rachenraum.

In jedem Falle fehlt den Kindern die orale Stimulation, orales Explorieren (in den Mund stecken von Gegenständen, um Informationen darüber zu erhalten).

Bedingt durch neurologische Störungen, z.B. bei Cerebralparesen können ebenfalls Fütterstörungen auftreten. Dann spricht man allerdings eher von Schluckstörungen, die einer besonderen Behandlung bedürfen.

Behandlung / Methode

Die Behandlung von Kleinkindern mit Fütterstörungen gelingt mit der besten Prognose, wenn ein interdisziplinäres Team aus mehreren Fachdisziplinen gebildet werden kann. Zunächst müssen alle anderen Ursachen ausgeschlossen werden, z.B. motorische, sensorische und organische Grunderkrankungen. Oft treten die Fütterstörungen im Zusammenhang mit schwerwiegenden Grunderkrankungen auf.

Das primäre Ziel ist die Gewährleistung einer ausreichenden Versorgung mit Nahrung und Flüssigkeit. Deshalb ist es wichtig, bereits in der Anamnese mögliche Wirkmechanismen, situative und diätetische, wie auch aufrechterhaltende Verhaltensmuster seitens der Eltern herauszufinden.

Für alle Eltern gehört die Ernährung ihres Kindes zu den lebensnotwendigen Grundbedürfnissen. Kommt es hier nun zu Problemen, geraten die Eltern in Angst und setzen sich und ihr Kind möglicherweise unter Druck. In der frühen Säuglingsphase ist der Mund das zentrale Erkenntnis- und Lustorgan des Kindes. Bei Irritationen reagiert es häufig mit Verweigerung „rund um den Mund“, da dies sein stärkstes Ausdrucksorgan ist. Es entsteht ein Teufelskreis, aus dem die Betroffen nicht alleine herauskommen. Ein besonderer Schwerpunkt der Behandlung liegt deshalb auf der psychologischen Beratung der Eltern. Durch Erstellen von Verhaltensplänen und intensiver Begleitung in deren Umsetzung wird mit den Eltern eine veränderte Interaktionsmöglichkeit geschaffen. Die Eltern werden in die Entscheidungen mit einbezogen, ihre Zustimmung ist die Voraussetzung für das Maß der Veränderungen.

In der Logopädie stehen überdies verschiedene Methoden zur Verfügung, um die orale Wahrnehmung und Motorik zu verbessern, das Saugverhalten zu optimieren und durch Veränderung der Füttersituation eine entspanntere Gesamtsituation zu schaffen. Ebenso sollen die Kinder wieder ein angemessenes Hunger- und Durstgefühl entwickeln. Kinder, die ständig sondiert wurden, kennen kein Hunger- oder Durstgefühl mehr. Aber auch bei Kindern ohne erkennbaren Grund kann durch das ständige Anbieten von Essen und Trinken das Sättigungsgefühl schnell verloren gehen.